Oft ist die Existenz der eigenen Person einziger Bezugspunkt und Lebensinhalt. Dies gilt wohl für einen Großteil der Menschen. Oft denke ich mir, dass kaum noch jemand über den Tellerrand hinaus sieht. Viele leben nur in ihrem eigenen Dunstkreis. In den Tiefen der Canyons und auf den Dächern der Hochflächen lernt man sich selbst neu kennen.

Nach den Eindrücken aus dem Yellowstone-Nationalpark schufen die Canyonlands im Süd-Osten Utahs einen scharfen Kontrast. Gelbbraune, mattrosa und dunkelrote Sandsteinformationen lassen einen schrumpfen. Hunderte Meter tief haben sich der Colorado-River und der Green-River in den Jahrmillionen durch das Plateau eingefräst. Die Hitze drückt. An der Abbruchkante stehend, vermag ich gar nicht zu beschreiben, wohin der Blick als erstes fallen sollte, worauf man sein Hauptaugenmerk zuerst legen sollte. So funktioniert das hier nicht. Die sich anmutig und majestätisch durch das ausgespülte Tal schlängelnden Ströme veranlassen mich dazu, meine Gedanken fliegen zu lassen. Es sind nicht nur die Blicke, die über das Land schweifen. Unendliche Weiten, Sandsteintürme in unterschiedlichsten Färbungen, zerfurchte Schluchten und die schwerliegende Ruhe betäuben nicht nur die Bewegungen. Als Person, als Mensch, ist man hier nicht mehr als ein winziger Stecknadelkopf auf der Weltkarte der Natur. Es ist das große Ganze, das über mir zusammenschlägt, als ich mir der Mächtigkeit der Landschaft bewusst wurde. Das erste mal in meinem Leben ist mir die Endlichkeit des Lebens und dessen Fragilität gegen das Bestehen der Natur wirklich bewusst geworden. Ein zuerst durchaus beängstigendes Gefühl, dass aber auch Enthusiasmus für das Erlebte und auch Demut schenkt.

Als ich aus Utah abreiste und die großen Schluchten für’s Erste hinter mir ließ, war mir selbst nicht klar, was die monumentale Schönheit der Region genau ausmacht. Ich war die meiste Zeit alleine. Schlecht war das nicht. Rotbraune Steilhänge unten am stahlblauen, manchmal beigen, Fluss? Abgeflachte Kuppeln? Sich in sich verlierende, tiefe Täler? Meterhoher Monolithe und Sandsteintürme? Vermutlich ist es die Kombination aus all dem. Die Menschen und ihre Dunstkreise sind hier sehr klein.