Steile, zerklüftete, dunkelgraue Felsmonumente, sich in sich selbst verlierende, dunkelgrüne Waldteppiche, sich hart abgrenzende Schneefelder sowie tiefblaue Bergseen - all dies sind Charakteristika, die den Rocky Mountain National Park im Nord-Westen Colorados auszeichnen. Bereits wenige Minuten, nachdem ich das typische Land des Mittleren Westens rund um die Hauptstadt Denver hinter mir gelassen hatte, erheben sich die ersten Wipfel der Rocky Mountains majestätisch gegen den stahlblauen Himmel. Kontinentales Gebirgsklima soll dies wohl sein. Zumindest wurde mir so erzählt. Die Szenerie ändert sich schlagartig, sobald man im Gebirge aufsteigt, die Baumgrenze erreicht und auf beiden Seiten von gewaltigen Felsriesen ummantelt wird. Feuchte, kalte Luft; warm stehender Atem, frequentierte Niederschläge, sattes Grün, große Weite und eine ohrenbetäubende Stille, die jedoch nicht Angst einflößend wirkt, prasseln auf den einsamen Wanderer ein. Dieses wunderschöne, große Panoramabild des Nationalparks wird nur durch die unendliche Detailvielfalt übertroffen. Unberührte Bergseen, die wie Perlen aus Glas zwischen den Felsmassen gesprenkelt daliegen. Manchmal wild gepeitscht, im Licht der aufgehenden Sonne, jedoch auch ein Tuch aus bunter Seide. Lila und gelb leuchtende Blüten, die einen reißenden Gebirgsbach säumen. Tiefhängender Nebel vermischt sich mit weiss-dreckigen Schneeresten des Winters.

Für Naturliebhaber mit Liebe zu Abgeschiedenheit und Ruhe, jedoch auch für den opportunistischen Wanderer ein Muss. Definitiv stellt der Rocky Mountian Nationalpark und seine umliegenden National Forests das erste landschaftliche Highlight nach der Durchquerung des flachen, schnöden, trockenen Mittleren Westens dar. Die scharfen Kontraste zwischen den einzelnen natürlichen Milieus sind atemberaubend und verbleiben noch lange im Gedächtnis.