06.00. Die Tür meines Vans schlage ich vielleicht etwas zu enthusiastisch zu. Gleich beginnt der Aufstieg. Ich befinde mich im Yosemite Valley und will heute zum Glacier Point, „the point to view the king at it’s best“, aufsteigen. Normalerweise ist dieser über eine Bergstraße leicht mit dem Auto zu erreichen. Nicht heute. Es herrscht akute Waldbrandgefahr und die Passstraße ist schon seit Tagen geschlossen. Umso besser für mich, da dann oben kaum Betrieb sein wird. Mit diesen Gedanken machte ich mich an den 4h dauernden Aufstieg.

Das Antlitz des sogenannten Half Domes ist heute eins der bekanntesten Motive der Welt und mit dem El Capitan Massiv Wahrzeichen des Yosemite Nationalparks. Der indianischen Legende nach bilden Half Dome und die gegenüberliegend Kuppel ein im Streit entzweites Paar. Auf einer Wanderung habe sie vor ihm all das Wasser des Sees genossen. Nachdem er wütend auf sie einredete und schlug, entschwand sie ihm und so bleiben sie als versteinerte Monumente ewig voneinander getrennt.

Wasser konnte ich auf meinem Aufstieg auch gut gebrauchen. Endlich oben am Glacier Point, brach die Mittagshitze vollends über mir zusammen. Insgesamt verbrachte ich gute 2 Stunden dort, wobei der Bewegungsradius aufgrund der schwelenden Brände stark begrenzt war. Ich war fast völlig alleine. Normalerweise ist dieser Punkt einer der touristisch am besten erschlossenen des Parks. Wohl ein Glücksfall für mich. Die mächtigen Granit- und Dioritmassive einmal aus gegebener Höher und nicht von unten zu betrachten gibt mir heute noch ein wohliges Gefühl. Wer kennt das nicht? Das warme Erfolgsgefühl nach einem erklommenem Anstieg. Garniert mit der richtigen Szenerie: El Capitan, Half Dome, grüne Wälder, etliche Wasserfälle, strahlend blauer Himmel und später am Abend das leichte Aufkommen von rosérot auf den Gipfeln. Mit Sicherheit einer der schönsten Tage meiner Reise.