„Einmal in meinem Leben möchte ich den Jakobsweg gehen" Jeder von euch kennt bestimmt zumindest einen Menschen, der darüber nachdenkt am berühmten „Camino" zu gehen. Pilgern ist modern und trifft den Nerv der Zeit! Die Sehnsucht nach der Ferne, Entschleunigung und einzigartige Momente, all das findet man dort, auf dem Weg.

Sonnenaufgang Wiese

Was ist der Jakobsweg überhaupt?

Beim Jakobsweg bzw. Camino (Bed: Spanisch für Weg) handelt es sich nicht nur um einen Weg, sondern um ein ganzes Wege-System: Mehrere Wege und Straßen führen astartig quer durch Europa und vereinen sich vor allem in Frankreich und Spanien zu einigen bekannten Hauptwegen, unter anderem dem Camino Francés. Durch Hape Kerkelings Bestseller „Ich bin dann mal weg" oder den Film „dein Weg" wurde der Camino Francés, beginnend in Frankreich, zum wohl berühmtesten aller Jakobswege. Dieser Weg führt den Pilger etwa 5 Wochen quer durch die Natur und schönsten Städte von Frankreich und Spanien, bis er an seinem Ziel ankommt: Santiago de Compostela, das Ziel eines jeden Pilgers.

Ziel Santiago de Compostela

Warum aber wollen alle Leute zu dem gleichen Ort?

In Santiago de Compostela liegt das Grab des heiligen Jakobus des Älteren, einer der zwölf Apostel.
Der Legende nach war er in Spanien als Missionar tätig und wurde nach seinem Tod in Santiago de Compostela begraben. In der Kathedrale von Santiago wird sein Grab verehrt und bringt alle Menschen von nah und fern zum gleichen Ziel. Die Stimmung und Atmosphäre, wenn man in Santiago einläuft ist unbeschreiblich. Ein besonderes Erlebnis, dass ich so schnell nicht vergessen werde!
Kathedrale Santiago de Compostela

Das Ziel ist das Gleiche, der Beginn ist es nicht. Es gibt zwar bekannte Startpunkte wie St.Jean-Pied-de-Port (Camino Francés) oder Irún (Camino del Norte), aber letzten Endes entscheidet natürlich jeder Pilger selbst wo er startet und wie lange er unterwegs sein möchte. Auf meinen beiden Pilgerreisen habe ich Leute getroffen, die den ganzen Weg am Stück gehen. Manche gehen nur 2 Wochen, andere wiederum nur ein Wochenende. Auf meiner Reise in Spanien habe ich eine Frau getroffen, die sich jedes Jahr zum Geburtstag mit zwei Wochen Wandern am Jakobsweg beschenkt, so lange bis sie in Santiago ankommt :)

So muss ein jeder seinen eigenen Rhythmus auf dem Weg nach Santiago de Compostela finden. Das Ziel selbst kannst du kaum verfehlen. Überall auf dem Weg findest du gelbe Pfeile oder Jakobsmuscheln. Sie dienen als typisches Merkmal und gleichzeitig Wegweiser für den Weg nach Santiago. Wenn du diesen Zeichen folgst, kannst du dich praktisch nicht verlaufen und wenn doch? Die Hilfsbereitschaft der ansässigen Leute am Camino ist kaum zu glauben. Mit Händen und Füßen führen sie dich wieder zurück auf den Weg!

Pflaster Jakobsmuschel

Warum pilgern Menschen und wie sieht der typische Pilger aus?

Die Gründe, die die Menschen auf den Jakobsweg führen sind genauso bunt und vielfältig wie die Leute, die am Camino unterwegs sind. Junge Leute. Alte Leute. Leute aus Kanada. Südamerika. Australien und sogar Südkorea – der Jakobsweg ist allseits bekannt und beliebt.

Die Uniform ist die Wanderkleidung – Ärzte, StudentInnen, Fischer, Arbeitslose – am Jakobsweg ist jeder Mensch gleich. Mensch ist Mensch. Wie du dein Leben da draußen lebst und finanzierst spielt keine Rolle – es geht darum für was du dich begeisterst und was dich in Leidenschaft versetzt. Es geht um Gefühle, um Gedanken und die Gründe, die dich auf den Jakobsweg geführt haben.

Leute pilgern, um Abstand zum Alltag zu bekommen - quasi Urlaub machen. Viele der Leute wandern, weil sie gerade einen Meilenstein im Leben absolviert haben (Bsp. Studium) oder einen Schicksalsschlag erlebt haben (Arbeitslosigkeit, Tod eines geliebten Menschen.) Für einen großen Teil der Pilger stellt der Jakobsweg eine Art Sinnsuche dar. Wo will man hin? Wer will man sein? Was will man im eigenen Leben erreichen?

Pilger am Strand

Neben der Sinnsuche spielt auch der Glaube eine wichtige Rolle. Ein großer Anteil der Pilger ist religiös und begibt sich deswegen auf die Pilgerreise. Des weiteren ist das Pilgern eine günstige Alternative zu anderen Reisen, weil man so gut wie nichts braucht. Neben deinem Rucksack am Rücken sind das allerwichtigste deine Schuhe – sie tragen dich den ganzen Weg. Gutes Schuhwerk ist das „A und O" und jeden Tag ein heißes Thema am Camino ;)

Der Jakobsweg zeigt einem mit wie wenig man eigentlich im Leben zufrieden sein kann. Für mich persönlich bietet das Pilgern die perfekte Möglichkeit seine Seele zu entrümpeln und sich selbst wieder zu begegnen. Gehen. Essen. Schlafen. Das ist alles was du tust. Dazwischen bleibt genügend Zeit für eigene Gedanken und erfüllende Gespräche mit anderen Pilgern.

So ist der Jakobsweg nicht einfach bloß ein Weg. Nein. Auf meinem letzten Weg hat ihn jemand als „Spiegel des Lebens" bezeichnet. Und damit hatte er recht. Denn obwohl man jeden Tag das gleiche macht, ist jeder Tag anders. Es gibt gute Tage, schlechte Tage. Manchmal könnte man platzen vor Glück und wünscht sich, dass der Weg nie endet. Dann hat man Heimweh und will nur noch nach Hause. Man trifft viele Menschen und verliert sie wieder aus den Augen. Man schließt Freundschaften und lernt sich kennen. Man geht ein Stück zusammen und trennt sich wieder. Der Jakobsweg ist wie das Leben selbst mit dem Unterschied, dass man die kleinen Dinge wieder wahrnimmt und zu schätzen lernt. Es ist ein Weg der Achtsamkeit und Dankbarkeit.

Mensch im Tunnel

Du willst verreisen und weißt nicht wohin und wie lang? Ich kann dir den Jakobsweg nur wärmstens ans Herz legen. Geh einfach so weit wie dich deine Füße tragen :) Buen Camino!

PS: Nächste Woche erzähle ich euch von meiner Reise auf dem Camino del Norte im Mai 2018 - Bis bald!