Du hörst das Knirschen der Steine unter deinen Füßen, dein Atem wird immer lauter, langsam lassen sich erste Bergsilhouetten erahnen. Eine Sonnenaufgangswanderung lässt deine Sinne ganz neue Eindrücke erfahren. Du startest bei Dunkelheit und bist Teil davon, wenn die Welt um dich herum erwacht. Der Blick auf die Uhr („Was mach ich denn hier um 4 Uhr morgens eigentlich?“) lässt dich zwar zweifeln, doch die Atmosphäre lässt dich die Bedenken schnell vergessen.

Gerade wenn man wie ich das Glück hat, in den Bergen aufzuwachsen und zu leben, empfindet man die Natur um sich herum als selbstverständlich. Doch dann gibt es immer wieder Momente, wo einem auffällt, dass das vielleicht doch etwas ganz Besonderes ist. Gerade eine Wanderung am frühen Morgen hat für mich etwas ganz Spezielles. Man startet (gefühlt) mitten in der Nacht, ohne seine eigene Hand vor den Augen zu sehen und schön langsam, Minute für Minute, erkennt man die Schönheit der Natur um sich herum. Es fühlt sich an, als wäre man bei der Geburt eines neuen Tages, einer neuen Chance live dabei. Gerade in der heutigen Zeit hat es etwas ganz besonderes Stille und Freiheit zu erfahren – kein ständiges Klingeln von WhatsApp-Nachrichten, kein Stress etwas auf Instagram zu verpassen. Ein Hoch auf schlechten Handyempfang!

Das Ziel meiner ersten Sonnenaufgangswanderung war das Riemannhaus. Eines der bekanntesten Wanderziele bei uns im Pinzgau. „Hey, was machst du denn morgen? Gemma auf’n Berg?“, fragte mich Bella und schon hatte sie mich. Lange hatte ich es mir vorgenommen, auch so „verrückt“ zu sein und in den düsteren Morgenstunden auf den Berg zu kraxeln. Und schon läutete der Wecker.

„Was tu ich mir da eigentlich an?“, hörte ich es in meinem Kopf und gleichzeitig hüpfte eine Gams an mir vorbei. Doch als die Hütte immer näher und näher kam, wurde auch der Ehrgeiz größer und die Schrittgeschwindigkeit schneller – wir wollten ja den Sonnenaufgang nicht verpassen. Nach dreieinhalb Stunden oben angekommen wurden wir von einer Herde von Schafen und Ziegen willkommen geheißen. Dann war es endlich soweit, der Himmel wurde heller, die Steinkulisse begann zu leuchten und ein glühender Feuerball blinzelte hervor – atemberaubend. Kurz lies es mich die klirrende Kälte auf über 2000m Seehöhe vergessen.